Charlie Hebdo, der aktuellste Terroranschlag in der westlichen Welt. 11 Tote, noch mehr Verletzte, jede Menge Traumatisierte Menschen. Sie waren unter ihnen, innerhalb der französischen Bevölkerung – und konnten trotz umfangreicher Spionagemassnahmen des französischen Staates gegenüber seiner Bevölkerung, nicht gestoppt werden. Dennoch und gerade aktuell missbraucht Minister de Maiziérediesen Tathergang, um seine Totalüberwachung in Deutschland weiter zu propagieren.
Nach Aussage der staatlichen Stellen wurden bis Ende 2013 durch die Überwachung 45 Terrordelikte verhindert oder aufgedeckt. Auch teilt das Innenministerium mit, in Deutschland sei nur ein Fall bekannt. Dennoch sei die Frage gestattet, wo die vermeintlichen Täter der restlichen 44 Anschlagsversuche geblieben sind. Wann und wo wird gegen diese Personen ermittelt und Anklage erhoben? Wieso waren in der weltweiten Presse keine Informationen dazu zu finden? Und wo sind die Verdächtigen jetzt?
Es stellt sich die Frage, ob das Preis- / Terrorverhältnis stimmt. Ein Beispiel aus dem Buch: „Risiko – wie man die richtigen Entscheidungen trifft“, von Gerd Gigerenzer soll dies verdeutlichen. Dort berichtet der Autor, dass sich der Autoverkehr nach den Terroranschlägen des 11. September in Amerika drastisch erhöht habe, da sich die Amerikaner nicht mehr zu fliegen trauten. Bis zu 5 Prozent nahm der Fernverkehr auf den amerikanischen Highways zu. „Die Zunahme des Straßenverkehrs hatte ernüchternde Konsequenzen“, so Gigerenzer. „Vor dem Anschlag entsprach die Zahl tödlicher Verkehrsunfälle weitgehend dem Durchschnitt der vorausgegangenen fünf Jahre. Doch in jedem der zwölf Monate nach dem 1. September lag die Zahl der tödlichen Unfälle über dem Durchschnitt und meist sogar noch höher als alle Werte aus den vorangegangenen fünf Jahren. Alles in allem sind etwa 1.600 Amerikaner infolge ihrer Entscheidung, die Risiken des Fliegens zu vermeiden, auf der Straße umgekommen.“ Das sind viermal so viele Tote, als bei den Flügen am 11. September (256 Tote) starben (S. 21 f.).
Somit darf eines nicht vergessen werden. Diese Art des Terrorismus ist nicht neu für Europa. Damals, vor 40 Jahren, war die RAF beispielsweise aktiv. 1972 wurde der Axel Springer Verlag telefonisch über Bomben in seinem Haus informiert. Das Haus wurde geräumt, die Bomben gingen hoch. Hans Martin Schleyer, war eines der prominentesten Opfer. Die Qualität der Verbrechen ist heute die gleiche, wie vor 40 Jahren – und konnten damals nicht verhindert werden und werden auch heute mit einer Totalüberwachung nicht verhindert werden können.
Denn die ideale Gesellschaft wird es niemals geben. Es wird immer Unzufriedene, Agressoren und Renegaten geben, die Staatskonstruke zerstören wollen.
Prof. Dr. Gerd Gigerenzer ist Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und Direktor des Harding Zentrums für Risikokompetenz, beide in Berlin. Er trainiert Angehörige von Führungsebenen in Risikokommunikation und hält weltweit, Vorträge vor Nachrichtendiensten und Antiterrorbehörden über Risikomanagement.