Ab 1. Januar 2015 greifen neue Regeln zum EU-Steuerrecht. Danach müssen alle online Shop-Betreiber bei ihren Geschäften den Umsatzsteuersatz in dem Land entrichten, der im Land des Kunden gilt. Das heißt, hat ein Anbieter seinen Shop in Deutschland, aber ein Kunde aus Italien möchte dessen Angebot in Anspruch nehmen, muss der Betreiber den Umsatzsteuersatz von Italien in Italien abführen. Das wiederum heißt, dass Shop-Betreiber, die sich an den Endkunden wenden und ihre Produkte und Dienstleistungen europaweit vertreiben, bis zu 28 Preisangaben unter jedem ihrer Produkte bereitstellen müssen, da Endkundenpreise Bruttopreise sein müssen. Betroffen sind alle Unternehmen, die Dienstleistungen oder Produkte auf elektronischem Weg bereit stellen, also Kommunikation, Rundfunk, Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften, e-Books, Streamingangebote, Downloadangebote, Hostingangebote, Bereitstellung von Hostingangeboten, Verkaufsplattformen und Datenbanken und Foren. Weiterhin gilt die neue Umsatzsteuerregelung weltweit, heißt, hat ein Unternehmen seinen Sitz in einem nicht EU-Land, vertreibt seine Produkte und Dienstleistungen jedoch (auch) in der EU, gilt für dieses Unternehmen die gleiche Regelung.
Und wie das so ist, wenn Brüsseler Laien, die zwar ein bisschen Ahnung von Recht, aber so überhaupt keine Ahnung von der Praxis haben, sich etwas ausdenken, haben sie gleich die ganzen Steuergesetze mit oben drauf gepackt. Das heißt, der Shop-Betreiber, muss nicht nur die Steuer in den verschiedenen Ländern abführen, nein, selbstverständlich müssen ihm auch die gesamten steuerrechtlichen Regelungen, Meldepflichten und Haftungsrisiken der jeweiligen Länder bekannt sein. Und damit er nicht nur die langweilige Theorie auswendig lernt, wird ihm auch noch auferlegt, sich in den Ländern, in denen er seine Dienstleistungen und Produkte vertreibt, steuerrechtlich zu registrieren. Auch heißt das, dass der Shop-Betreiber bis zu 28 Umsatzsteuervoranmeldungen ausfüllen muss. Hoffentlich haben Sie sich zu Weihnachen 28 unterschiedliche Sprachkurse gewünscht…… alternativ europäisches Steuerrecht?
Auch Betreiber, die einen Buchhaltungsdienst oder ein Steuerberatungsunternehmen beauftragen, sind nicht aus dem Schneider. Sie sind gehalten und für das verantwortlich, was das beauftragte Unternehmen durchführt. Irrt sich dieses, ist das Unternehmen vollumfänglich haftbar. Besonders hart, dürfte die neue Regelung demnach auch Kleinstunternehmen treffen, die bisher von der Vorsteuerregelung ausgenommen waren. Denn für sie gilt diese Ausnahme plötzlich nicht mehr.
Und damit nicht genug, müssen sowohl der Shop den neuen Regelungen angepasst werden, als auch die Rechnungen, die für jeden Kunden die richtige, für ihn gültige Umsatzsteuer auszuweisen hat. Hier werden sicher umfangreiche Neukalkulationen der Preise nötig.
Hier kann man interessante Fälle konstruieren. Der Kunde sitzt beispielsweise in Italien und will seinen Hauptwohnsitz nach Griechenland verlegen. Kurz vor Umzug und Ummeldung bestellt er Waren. Diese werden ihm nach Italien mit dem italienischen Steuersatz geliefert. Der Kunde ist unzufrieden und wünscht eine Rückgabe. Zwischenzeitlich verzieht er nach Griechenland und meldet sich um. Im gleichen Zug bestellt er erneut eine Dienstleistung beim Anbieter – der das nicht weiß, und nun die Umsatzsteuer von Italien noch in seiner Rechnung stehen hat.
Oder ein Kunde benötigt eine Dienstleistung in einem anderen Land, da er vor hat, seinen Hauptwohnsitz in diesem Land zu konsolidieren. In diesem andern Land ist der Steuersatz niedriger. Der Kunde wünscht deshalb, die Rechnung erst nach Umzug und Ummeldung zu erhalten. Jetzt kommt etwas dazwischen und der Kunde kann erst später umziehen. Der Shopbetreiber schickt ihm somit die Rechnung mit dem Steuersatz des aktuellen, und damit höher besteuerten Landes – und der Kunde will nicht zahlen, da er auf seinen Vertrag pocht…..
Oder….. Ich denke, Sie können sich da so einige Konstellationen vorstellen, die hier nicht nur zu rechtlichen Problemen führen können, sondern sowohl Nerven kosten, als auch Shop-Betreibern Verluste einfahren werden.
Und wie wird es sein für Anbieter, die Ihre Produkte über Plattformen Dritter anbieten? Sie haben keinen Einfluss auf die Richtigkeit der Angaben auf diesen Plattformen, müssen jedoch haften……
Diese neue Regelung gilt allerdings nicht für Shops, die ausschließlich physische Waren anbieten und für Unternehmen, die ausschließlich im Geschäftskundenbereich tätig sind (B2B).
Fazit: Gerade für Klein- und Kleinstanbieter, die auf EU-weite Verkäufe angewiesen sind, aufgrund der geringen Einnahmen jedoch bisher die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nahmen, kommen sowohl mehr Arbeit, als auch mehr Kosten zu. Denn es ist unwahrscheinlich, dass diese Klientel, einfach einmal so aus der Portokasse nun einen Steuerberater bezahlen kann. Hier ist es dringend notwendig, sich vorab Beratungsleistung einzukaufen. Sicher wird für den Einen oder die Andere aufgrund dessen ein europaweiter Vertrieb nicht mehr lukrativ sein und er sein Angebot nur noch auf Deutschland oder zumindest auf wenige ausgesuchte Länder beschränken. Und somit hat Brüssel faktisch wieder ein neues Instrument zur Konzentration von Großunternehmen geschaffen.
Danke EU! Danke Brüssel!
Wer Spaß an Gesetzestexten hat: Richtlinie 2008/8/EG